Missoula

Reisepause. Wir sitzen in einem grossem Haus mit Garten. In Missoula, einer kleinen Studenten-Stadt in Montana. Die Bewohner des Hauses oeffnen ihre Tuer  fuer jeden Reiseradler, der hier durchkommt. Jeder darf hier uebernachten und bleiben solange er will. Als Gegenleistung beteiligen sich die Gaeste am Kochen, Putzen und helfen im Garten des Hauses mit.  Im Garten  stehen mehrere Zelte, allesamt von Reiseradlern, die hier auf der Durchfahrt sind. Eines der Zelte ist von uns. Nur – wir sind nicht auf der Durchfahrt, sondern machen hier Reisepause.

Die letzte Zeit war fuer uns sehr anstrengend gewesen. Hanna hielt vor allem Monika nachts auf Trab und tagsueber hiess es dann, die geplanten Etappen zu fahren, um zum naechsten Lebensmittelversorgungspunkt zu kommen.

Zwei Wochen wollen wir jetzt hier bleiben, ausschlafen und zum ersten mal auf der Reise ein paar Tage lang gar nichts tun.

Nachdem wir die Grenze zur USA ueberquert hatten, waren wir zum Glaciers Nationalpark gefahren. Dort waren wir fuer mehrere Tage geblieben, hatten an einem grossen See gezeltet und Wanderungen unternommen. Wir hatten unseren ersten Grizzli gesehen und eine Herde Schneeziegen entdeckt. Ich  hatte noch einen Schwarzbaeren aufgespuert und oberhalb der Waldgrenze einen Elch entdeckt. Auch wenn die Tierwelt uns dort eine nahezu heile Welt vorgegaugelt hatte,so ganz heil war sie dann doch nicht. Die Sicht in den Bergen war extrem truebe und diesig, obwohl meist strahlend blauer Himmel zu sehen war. Grund war der  hohe Aschegehalt der Luft, der seine Ursache in riesigen Waldbraenden in Kalifornien hatte. Waldbraende gibt es auch hier immer wieder, auf unseren Wanderungen waren wir mehrmals durch Gebiete gekommen, in denen der Wald abgebrannt war. Wenn der Brand schon lange genug her war, wuchs dann von unten neuer Wald nach.  Kurz nachdem wir den Glaciers Nationalpark verlassen hatten, sollte an dem See, an dem wir tagelang gezeltet hatten, ein weiterer Waldbrand ausbrechen.

So verstoerend, wie diese Waldbraende sind, sie sind hier Bestandteil eines natuerlichen Prozesses der Waldverjuengung. Die frueher hier lebenden Indianer hatten teils selbst Feuer gelegt, um zu dichte Waelder zu verhindern und damit den Wildreichtum zu foerdern, der ihre Existenzgrundlage bildete. Als dann die Weissen kamen, liessen diese den Wald wuchern und verhinderten mit technischen Mitteln fast einhundert Jahre lang die zyklischen Braende. Was zur Folge hatte, dass der Wildbestand zurueck ging und sich soviel Totholz in den Waeldern ansammelte, dass heute immer wieder unkontrollierbare, riesengrosse Waldbraende toben. Das Problem hat man mittlerweile erkannt und man versucht heute dort, wo moeglich, kleine kontrollierte Braende wieder zuzulassen.

Ueberrascht haben uns die Menschen in Montana. Immer wieder werden wir von Leuten angesprochen, die sich fuer das interessieren, was wir machen, einmal wurden wir direkt von der Strasse weg von Leuten nach Hause eingeladen, wo wir dann warmes Abendessen und Betten fuer die Nacht bekamen. Ein anderes mal wurden wir ueberredet, nicht wie geplant zu zelten, sondern in einer Huette auf Ferienhausnivau zu uebernachten. Der Mann, der uns dazu ueberredete, bestand darauf, die Rechnung dafuer zu zahlen und gab uns sogar das Geld zurueck, dass wir bereits fuer den Campingplatz gezahlt hatten. Er machte das, um uns amerikanische Gastfreundschaft zu zeigen und weil ihn unsere Art zu reisen so bewegt hatte.

Entlang der Strassen, auf denen wir fuhren, gab es immer wieder Masten, auf denen Weisskopfseeadler ihre Horste hatten. Man kennt das bei uns in Deutschland eigentlich eher von Storchennestern und immer wieder aufs Neue sind wir ueberrascht, wenn in diesen Nestern statt der  intuitiv vermuteten Stoerche Adler nisten.

Und nun- nun sitzen wir im im Haus unseres Gastgebers und geniessen das etwas ruhigere Familienleben. Hanna hat das Krabbeln gelernt, kann mittlerweile sogar Wendeltreppen hochklettern. Sie entwickelt und veraendert sich so schnell, dass wir manchmal meinen, versehentlich unser Kind vertauscht zu haben.