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Das ist der neue Blog zu unserer Nordamerika-Radreise – zu dritt – mit Fahrrad und Babyhänger! Viel Spaß beim Lesen!

Las Vegas

Las Vegas ist Wahnsinn pur. Eine Stadt, deren Einwohnerzahl sich in den letzten Jahren verdreifacht hat und praktisch mitten in der Wüste gelegen. In Nevada ist Glücksspiel erlaubt und Las Vegas hat sich zum Mekka für Glücksritter entwickelt, mit riesigen Hotels, die Bauten in Paris, Venedig, Ägypten und New York nachempfunden sind. In denen ganze Säle mit Spielautomaten und Roulette-Tischen stehen und wo jeder Tourist, der in die Stadt kommt, im Durchschnitt 500 Dollar verzockt. Leute wie uns, die keinen Cent ins Glückspiel investieren, natürlich mit eingerechnet.

In den Straßen hämmert Diskomusik, „Straßenkünstler“ lassen sich halbnackt oder in skurillen Kostümen gegen Geld fotografieren und die Straßen sind nachts hell erleuchtet von den vielen Leuchtreklamen. Springbrunnen und Wasserspiele speien zum Takt klassischer  Musik sich bewegende Wasserfontainen in den Himmel. In vielen Hotels laufen aufwändig choreographierte Unterhaltungsshows und abends steigen in manch einem Casino knapp bekleidetete Tänzerinnen auf die Tische. Wir entdecken einen Nachbau des Münchner Hofbräuhauses, in dem Münchner Bier und bayrisches Essen serviert wird. Abweichend vom Münchner Original wird hier Gästen, die Schnaps bestellen, vom Personal der Hintern verhauen. Wir sind beeindruckt, wie viel Geld sich mit all dem  Unfug verdienen lässt und in welch Unfug das ganze Geld dann wieder reinvestiert wird. Belustigt entdecken wir auf diese Weise den „Kreislauf des Unsinns“.

Ich unternehme noch eine letzte Radtour in die nahe gelegenen Berge, praktisch als Abschied von der Reise. Zum letzten Mal trete ich in die Pedale, bestaune die Landschaft, schaue den ziehenden Wolken hinterher und lasse mir den frischen Wind um die Nase wehen. Und dann besteigen wir mit einer Mischung aus Wehmut und Vorfreude einen Flieger und fliegen dahin zurück, wo wir vor dieser Reise gelebt hatten.

Reisepause

Reisepause. Wir sitzen in Idaho Falls in einer Wohnung und ueberlegen wie es weitergehen soll. Die letzten Naechte waren bitterkalt gewesen. Hanna hatte nachts im Zelt oft schlecht geschlafen und entsprechend muede waren wir tagsueber. Nach einigen Tagen der Erholung entscheiden wir, dass wir dem Radfahren noch eine Chance geben wollen. Wenn der juengste Kaelteeinbruch vorueber ist, wollen wir weiter Richtung Sueden nach Salt Lake City fahren. Viele Campingplaetze haben jetzt um diese Jahreszeit schon geschlossen und Improvisationstalent ist beim Finden von Trinkwasser und Schlafplaetzen gefragt.

Wir fahren auf einsamen Landstrassen durch weite Taeler, die von wunderschoenen Bergen umrahmt sind. Die Baeume haben Herbstfaerbung angenommen. Wir sind ueberrascht, wie schoen die Gegend hier ist. Doch Hanna schlaeft wieder unruhig. Nach vier Naechten in Folge, in denen Monika kaum Schlaf gefunden hat, ist klar, das es so nicht weitergehen kann. Die vielen Eindruecke in staendig wechselnder Umgebungen, von der Hanna allmaehlich immer mehr mitbekommt, kann sie kaum noch verarbeiten. Entsprechend schlecht schlaeft sie nachts. Selbst, wenn wir nachts in einer warmen Unterkunft schlafen. Monika ist durch die unruhigen Naechte und den Schlafmangel so erschoepft, dass sie tagsueber kaum noch radfahren kann. Wir werden von einem hilfsbereiten Mann mitsamt allem unseren Gepaeck nach Salt Lake City mitgenommen. Dort goennen wir uns abermals eine Ruhepause und ueberlegen, was wir jetzt machen. Nach Hause zurueck wollen wir noch nicht und vor Ort in einer festen Unterkunft zu bleiben ist uns zu langweilig. Und Radfahren geht nicht mehr. Wir beschliessen, uns fuer ein paar Wochen ein Reisemobil auszuleihen und damit weiterzureisen. Auf diese Weise wuerde Hanna nachts, zum Fruehstueck und zum Abendbrot eine konstante Umgebung haben. Und wenn die Temperaturen nachts allzu weit unter null Grad fallen, koennten wir notfalls heizen.

Der Plan geht auf, Hanna schlaeft nachts wieder gut und wir unternehmen tagsueber Wanderungen oder kleine Radtouren. Auf Anthelope Island, einer wilden, urspruenglichen Insel im Salt Lake bei Salt Lake City, gehen wir wandern. Auf den weiten Grashaengen der Insel grasen Bueffel und waehrend des Sonnenauf- und untergangs heulen Kojoten. Wir bereisen das Colorado Plateau, bereisen die Nationalparks Canyonlands, Arches, Zion und Grand Canyon und wandern im Monument Valley. Wir sind beeindruckt von der wunderschoenen Landschaft mit ihren roten Sandsteinfelsen. Hanna entdeckt, dass sie laufen kann, wenn wir sie an den Haenden halten und begeistert uebt sie das Gehen. Wir Eltern muessen uns bei diesen Laufuebungen abwechseln, weil uns irgendwann der Ruecken vom gebueckten Gehen weh tut. Die roten Felsen haben es auch Hanna angetan. Sie versucht ueberall mit viel Mut hochzuklettern und hochzukrabbeln. Wir bewandern den laengsten Slotcanyon der Gegend, eine tiefe rote Felsenschlucht, die so schmal ist, dass man beide Waende mit den Haenden beruehren kann. An den Felswaenden entdecken wir Felszeichnungen und Petroglyphen, die vor fast eintausend Jahren von den Indianern angefertigt wurden, die hier damals lebten. Navajo-Indianer bezeichnen diese Ethnie als Anasazi (Alte Feinde), heutige Wissenschaftler verwenden den Begriff Prehistoric Puebploans (praehistorische Pueblovoelker). Diese Pueblovoelker hatten in einer nahezu wuestenartigen Umgebung und in extremem Klima Ackerbau betrieben, Toepferwaren hergestellt und hatten Pueblos errichtet, Haeuser und ganze Orte aus Stein gebaut, zum Teil an spektakulaeren Orten wie auf oder in schroffen Felswaenden. Ruinen dieser Orte sind bis heute erhalten geblieben. Um das Jahr 1250 verliessen diese Menschen in einem Masssenexodus die Region, um Richtung Sueden zu wandern. Wissenschaftler raetseln bis heute ueber die Ursachen. War eine ungewoehnlich langanhaltende Duerreperiode in dieser Zeit der Grund? Oder kriegerische Nomadenvoelker, die in den Lebensraum der Pueblovoelker einwanderten? So raetselhaft, wie das Verschwinden dieser Menschen ist, um so spannender ist es , die Felszeichnungen und Pueblos zu besichtigen, die diese Menschen hinterlassen haben. An einem Ort, den die Spanier Mesa Verde genannt haben sowie beim Hovenweep und Navajo National Monument besichtigen wir beeindruckende Pueblobauten aus dieser Zeit.

Das Fahren im Reisemobil ist ungewohnt fuer uns. Mehr als einmal ertappe ich mich beim Fahren im Dunkeln mit eingeschalteter Stirnlampe hinter dem Lenkrad. Wir vermissen das Fahrradfahren, das Bergaufstrampeln und Bergabrollen, den Wind um die Nase und die Sonne im Gesicht. Bisher hatten wir uns langsam und kontinuierlich vorwaerts bewegt, jetzt rasen wir fast sprunghaft von Ort zu Ort. Wir fuehlen uns beim Fahren irgendwie abgeschnitten von der Aussenwelt und haben unterwegs deutlich weniger Kontakt zu anderen Menschen. Aber Hanna ist wieder ganz die Alte, ausgeglichen und gluecklich wie noch vor mehreren Wochen. Wir wissen, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben und nennen das Reisemobil scherzhaft rollender Brutkasten.

Nach ein paar Wochen kommen wir in Las Vegas an und entledigen uns unseres rollenden Brutkastens wieder. Von Las Vegas wollen wir Anfang Dezember nach Deutschland zurueckfliegen. Die Stadt  erschlaegt uns mit ihrer Verruecktheit fast. Die vielen grellbunten Leuchtreklamen, Spielhoellen und disneylandartigen Hotelbauten in der Innenstadt mit lauter droehnender Musik auf den Strassen sind ein schriller Kontrast zu den weiten und einsamen Landschaften, durch die wir die letzten fuenf Monate gereist waren. Was wir hier in dieser Stadt wohl noch alles so erleben werden?

Die Welt, wie sie hier einmal war

Die Welt, wie sie hier frueher einmal war. Dieser Gedanke geht mir immer wieder durch den Kopf, waehrend wir per Rad und zu Fuss den Yellowstone und Grand Teton Nationalpark erkunden. Im offenen Grasland weiden Bisonherden, wir beobachten Pronghornantilopen, Wapitis und Maultierhirsche, sehen Adler, Dachse und Woelfe. Weit und breit gibt es ausser der Strasse, auf der wir fahren, Praerie und Wald soweit das Auge reicht.  Besonders die Bueffel hier haben es mir angetan. Die bis zu vier Meter langen und bis zu einer Tonne schweren Tiere bekommen gerade Winterfell, als wir im Yellowstone sind. Allein die Koepfe dieser Tiere sind so gross und wuchtig, dass man meint, sie koennten damit Hauswaende einrennen. Ich bin fasziniert von der Kraft und Ruhe dieser Tiere.

Waehrend einer Wanderung haben wir ein eindrueckliches Erlebnis. Wir rasten gerade im Wald an einem Fluss, als ploetzlich ein ausgewachsener Bueffelbulle auftaucht. Er kommt uns so nah, dass Monika sich Hanna schnappt und mit ihr im Wald verschwindet. Ich bleibe wie gebannt stehen und der Bueffel schaut mich mit seinen grossen schwarzen Augen an. Ich wage kaum, mich zu ruehren und kann sein Atmen hoeren. Ein tiefes Brummen kommt dabei aus seinen Nuestern. Ich gehe langsam rueckwaerts, um den Bullen nicht nervoes zu machen. Der kratzt sich daraufhin seinen Kopf an einem Baum, wobei Holzspaene des Baums durch die Gegend fliegen wie in einer Tischlerei. Dann geht das Tier zum Fluss und durchquert diesen. Auf der anderen Flussseite suhlt es sich genuesslich in der Erde und verschwindet im Wald. Erst als das Tier auf dem Weg in den Fluss ist, wage ich es, die Kamera zu nehmen und Fotos zu machen.

Erlebnisse wie diese vergisst man wohl nie. So kraeftig und robust, wie die Bisons sind, hatten sie Jahrtausende lang in Millionenzahl die Praerien Nordamerikas durchstreift.  Dann wurden sie zu Ende des 19. Jahrhunderts innerhalb von wenigen Jahrzehnten nahezu ausgerottet. Grund waren weisse Jaeger, die mit den Bueffelfellen viel Geld verdienen konnten. Die Ausrottung wurde damals sogar von der US-Kavallerie unterstuetzt, um die letzten Indianerverbaende, die sich weigerten auf die Reservate zu ziehen, ihrer Lebensgrundlage zu berauben und sie in die Abhaengigkeit US-staatlicher Lebensmittelrationen auf Reservatsgebiet zu zwingen. Zudem sah man in den Bueffeln damals Fortschrittsbremsen, weil diese immer wieder zu massiven Zugverspaetungen fuehrten, da immer  wieder Herden die Gleise blockierten. Am Ende dieser gnadenlosen Jagd waren nur noch weniger als 30 Tiere am Leben, auf dem Gebiet des heutigen Yellowstone Nationalparks. So tragisch, wie diese Geschichte ist, zumindest gibt es heute im Yellowstone Nationalpark  wieder ein paar Tausend dieser Tiere.

Doch nicht nur die Bueffel haben es uns angetan. Es ist gerade Brunftzeit und direkt an unserem Zeltplatz weiden Wapitihirsche mit einem Hirschbullen. Wir bestaunen das riesige Geweih des Tieres. Die vielen Geysire, die hier ihr Wasser in den Himmel spucken, erninnern uns daran, dass heisses Magma nur wenige Kilometer unter unseren Fuessen existiert. Neben den Geysiren bestaunen wir Schlammvulkane, Fumarolen und  heisse Quellen. In einer dieser heissen Quellen baden wir sogar, an einer Stelle, wo sie sich mit kaltem Flusswasser vermischt. An einer anderen heissen Quelle fuellen wir uns Wasser in der Thermoskanne ab, um Hannas Essen spaeter damit aufzuwaermen. Wie fuehlen uns hier ein wenig wie in einem Maerchenland. Wir bestaunen Calciumcarbonatterassen, die durch heisse Quellen gebildet wurden, die aufgrund von hier lebenden Mikroorganismen in den verschiedensten Farben schillern.

Spaeter fahren wir in den Grand Teton Nationalpark weiter, wo eine schroffe Bergkulisse vor malerischen Bergseen in den Himmel ragt. Direkt vor unserem Zelt grast des Morgens ein maennlicher Maultierhiersch, der keinerlei Scheu vor uns zeigt. Spaeter gehen wir auf eine Wanderung, kommen abends wieder und sehen den gleichen Hirsch, der jetzt wie ein Wachhund vor unserem Zelt sitzt. Unweit davon macht sich gerade ein Rotfuchs ueber die von uns hinterlassenen Essenskruemel her. Mit einem Lachen stellen wir fest, dass eine friedliche Koexistenz von Mensch und Tier vielleicht doch moeglich ist.

Am naechsten Morgen krieche ich noch vor Sonnenaufgang aus dem Zelt und gehe auf Elchpirsch. Das Thermometer zeigt garstige minus sechs Grad, denn nachts ist es hier mittlerweile recht kalt. Ich hatte am Vortag gehoert, dass es hier am See Elche geben soll, die man am besten in der Frueh beobachten kann. Also mache ich mich auf den Weg, mehr laufend als gehend, nur mit der Kamera im Rucksack. Suche unterwegs nach Kot, der von Elchen sein koennte und finde ausgetretene Wildwechsel. In mir kommt so etwas wie Jagdfieber hoch, obwohl ich von den zeitgenoessischen Vergnuegungsjagden mit HighTech-Waffen eigentlich nicht allzu viel halte. Und dann knackt und kracht es vor mir im Wald. Ein Elchbulle scheuert seinen Kopf im Unterholz und schreddert  mit seinen Geweihschaufeln alles an Holz, was ihm dabei in die Quere kommt. Ich befinde mich in dichtem Wald und ich sehe das Tier erst, als es sich zwanzig Meter vor mir durch die Baume schiebt. Der Bulle ist so gross und kraeftig, dass mir kurz der Atem stockt. Als er fertig damit ist, mit seinen Geweihschaufeln das Unterholz zu zerkleinern, stoesst er Laute aus, die wie ein Zwischending aus Ruelpsen und heiserem Grunzen klingen. Daraufhin bekommt er eine aehnlich klingende Antwort eines Artgenossen und rennt in Richtung der Antwort davon. Bevor er wieder im Wald verschwunden ist, schaffe ich es zum Glueck noch, ein Bild von dem Tier zu machen. Momente wie diese erlebt man wohl nur einmal im Leben.

Wir fahren auf unseren Raedern weiter, gen Sueden, entdecken noch zwei Schwarzbaeren, bevor wir den Nationalpark verlassen. Es ist inzwischen Herbst geworden, die Laubbaeume leuchten in allen Farben. Unser Zelt ist kaputt gegangen, der Eingang schliesst nicht mehr. Das Zelt war vor dieser Reise schon anderthalb Jahre mit mir in Europa und Asien  auf Reisen gewesen und jetzt haben die Reissverschluesse das Zeitliche gesegnet. Wir frieren nachts, wenn der kalte Wind durchs Zelt weht. In der naechsten Stadt wollen wir fuer Ersatz sorgen. Durch ein schoenes Tal am Snake River entlang  fahren wir nach Idaho Falls, wo wir uns fuer anderthalb Wochen in einem Haus einmieten, verschlissene Ausruestung ersetzen, Plaene fuer die naechsten Wochen machen und uns ueber unsere Tochter Hanna freuen, die vergnuegt das ganze Haus durchkrabbelt und auf unserem Bett herumtobt.

Missoula

Reisepause. Wir sitzen in einem grossem Haus mit Garten. In Missoula, einer kleinen Studenten-Stadt in Montana. Die Bewohner des Hauses oeffnen ihre Tuer  fuer jeden Reiseradler, der hier durchkommt. Jeder darf hier uebernachten und bleiben solange er will. Als Gegenleistung beteiligen sich die Gaeste am Kochen, Putzen und helfen im Garten des Hauses mit.  Im Garten  stehen mehrere Zelte, allesamt von Reiseradlern, die hier auf der Durchfahrt sind. Eines der Zelte ist von uns. Nur – wir sind nicht auf der Durchfahrt, sondern machen hier Reisepause.

Die letzte Zeit war fuer uns sehr anstrengend gewesen. Hanna hielt vor allem Monika nachts auf Trab und tagsueber hiess es dann, die geplanten Etappen zu fahren, um zum naechsten Lebensmittelversorgungspunkt zu kommen.

Zwei Wochen wollen wir jetzt hier bleiben, ausschlafen und zum ersten mal auf der Reise ein paar Tage lang gar nichts tun.

Nachdem wir die Grenze zur USA ueberquert hatten, waren wir zum Glaciers Nationalpark gefahren. Dort waren wir fuer mehrere Tage geblieben, hatten an einem grossen See gezeltet und Wanderungen unternommen. Wir hatten unseren ersten Grizzli gesehen und eine Herde Schneeziegen entdeckt. Ich  hatte noch einen Schwarzbaeren aufgespuert und oberhalb der Waldgrenze einen Elch entdeckt. Auch wenn die Tierwelt uns dort eine nahezu heile Welt vorgegaugelt hatte,so ganz heil war sie dann doch nicht. Die Sicht in den Bergen war extrem truebe und diesig, obwohl meist strahlend blauer Himmel zu sehen war. Grund war der  hohe Aschegehalt der Luft, der seine Ursache in riesigen Waldbraenden in Kalifornien hatte. Waldbraende gibt es auch hier immer wieder, auf unseren Wanderungen waren wir mehrmals durch Gebiete gekommen, in denen der Wald abgebrannt war. Wenn der Brand schon lange genug her war, wuchs dann von unten neuer Wald nach.  Kurz nachdem wir den Glaciers Nationalpark verlassen hatten, sollte an dem See, an dem wir tagelang gezeltet hatten, ein weiterer Waldbrand ausbrechen.

So verstoerend, wie diese Waldbraende sind, sie sind hier Bestandteil eines natuerlichen Prozesses der Waldverjuengung. Die frueher hier lebenden Indianer hatten teils selbst Feuer gelegt, um zu dichte Waelder zu verhindern und damit den Wildreichtum zu foerdern, der ihre Existenzgrundlage bildete. Als dann die Weissen kamen, liessen diese den Wald wuchern und verhinderten mit technischen Mitteln fast einhundert Jahre lang die zyklischen Braende. Was zur Folge hatte, dass der Wildbestand zurueck ging und sich soviel Totholz in den Waeldern ansammelte, dass heute immer wieder unkontrollierbare, riesengrosse Waldbraende toben. Das Problem hat man mittlerweile erkannt und man versucht heute dort, wo moeglich, kleine kontrollierte Braende wieder zuzulassen.

Ueberrascht haben uns die Menschen in Montana. Immer wieder werden wir von Leuten angesprochen, die sich fuer das interessieren, was wir machen, einmal wurden wir direkt von der Strasse weg von Leuten nach Hause eingeladen, wo wir dann warmes Abendessen und Betten fuer die Nacht bekamen. Ein anderes mal wurden wir ueberredet, nicht wie geplant zu zelten, sondern in einer Huette auf Ferienhausnivau zu uebernachten. Der Mann, der uns dazu ueberredete, bestand darauf, die Rechnung dafuer zu zahlen und gab uns sogar das Geld zurueck, dass wir bereits fuer den Campingplatz gezahlt hatten. Er machte das, um uns amerikanische Gastfreundschaft zu zeigen und weil ihn unsere Art zu reisen so bewegt hatte.

Entlang der Strassen, auf denen wir fuhren, gab es immer wieder Masten, auf denen Weisskopfseeadler ihre Horste hatten. Man kennt das bei uns in Deutschland eigentlich eher von Storchennestern und immer wieder aufs Neue sind wir ueberrascht, wenn in diesen Nestern statt der  intuitiv vermuteten Stoerche Adler nisten.

Und nun- nun sitzen wir im im Haus unseres Gastgebers und geniessen das etwas ruhigere Familienleben. Hanna hat das Krabbeln gelernt, kann mittlerweile sogar Wendeltreppen hochklettern. Sie entwickelt und veraendert sich so schnell, dass wir manchmal meinen, versehentlich unser Kind vertauscht zu haben.

 

Grenzerfahrung

Vor wenigen Tagen haben wir unumkehrbar und unwiderruflich eine Grenze ueberschritten – die zwischen Kanada und der USA. Nun sind wir bereits im zweiten Land unserer Reise, das wir hin und wieder scherzhaft UST – die Vereinigten Staaten von Trump nennen. Seit anderthalb Monaten sind wir jetzt schon unterwegs, sind in Kanada von Nationalpark zu Nationalpark geradelt und haben zunehmend das Gefuehl, dass wir den Reisealltag, wenn schon nicht unter vollstaendiger Kontrolle, dafuer zumindest aber recht gut im Griff haben.

Hanna fuehlt sich pudelwohl und ist so ausgeglichen wie noch nie. Das muss wohl was mit der vielen frischen Luft zu tun haben, mutmassen wir. Oder damit, dass der Mensch den groessten Teil seiner Existenz als Nomade auf der Welt umhergezogen ist und fuer diese Taetigkeit wohl nach wie vor sein Genmaterial optimiert ist. Hanna hat ihre Liebe zu Tieren aller Art gefunden und entdeckt  quietschend vor Freude Tiere im Wald oder Haustiere in Ortschaften manchmal schneller als wir. Was hinsichtlich ihres zarten Alters von nunmehr 7 Monaten etwas ueberraschend fuer uns ist.

Nach unserer Durchquerung der kanadischen Rockies sind wir durch eine Ortschaft gekommen, die von den Menschen Radium Hot Springs genannt wird und in der sich neben den Menschen eine Herde Bighornschafe angesiedelt hat, die um die 200 Tiere zaehlt. Ab und zu wird zwar mal ein Herdenmitglied (hier sind jetzt die Bighornschafe gemeint, nicht die Menschen) vom Auto ueberfahren oder von den dortigen Pumas verspeist, aber das scheint die Schaefchen nicht sonderlich aus der Fassung zu bringen. 

Schaefchen hin, Pumas her, wir sind nun mittlerweile in Montana unterwegs und sind gespannt darauf, was hier alles an Erlebnissen auf uns wartet.

Das Reisen mit Baby lernen

„Jippie, die ersten 2 Kilometer unserer Radreise haben wir schon geschafft“, rufe ich euphorisch, als wir vom Campingplatz in Jasper zu unserer ersten Tagesetappe aufbrechen. „In einer Viertelstunde müssen wir Pause machen und Hanna füttern“, antwortet Monika. Inzwischen haben wir begriffen, das das Radreisen mit Baby etwas völlig anderes ist als eine Reise zweier Erwachsener. Unser Plan ist, von Jasper in Kanada bis nach New Mexico in den USA zu radeln – mit zwei Fahrrädern und einem Babyhänger. Die erste Woche haben wir es kaum geschafft, den Campingplatz zu verlassen. Wir mussten lernen, wie man mit Baby zeltet, wie man mit einem Campingkocher ohne Pürrierstab Babybrei zubereitet und wie man neben Füttern, Stillen, Babybespaßung, kochen, essen, Wäsche waschen und Windeln wechseln Zeit findet, um das Zelt abzubauen, das Fahrrad zu bepacken und loszufahren, bevor es wieder Abend geworden ist. Inzwischen schaffen wir es, uns 3h nach dem Aufstehen auf die bepackten Räder zu setzen und 3h nach Ankunft am Tagesziel mit der abendlichen Arbeit fertig zu sein. In der Zwischenzeit haben wir es geschafft, per Rad von Jasper bis nach Lake Louise zu kommen und die eine oder andere Wanderung zu unternehmen. Wir sind in einer malerischen Landschaft mit türkisfarbenen Seen und Flüssen, tiefen Wäldern und faszinierenden Gletschern unterwegs, haben praktisch von der Straße aus Wapitis, Bighornschafe, Adler, Ziesel, Murmeltiere und Schwarzbären beobachtet und bilden uns ein, daß wir dabei sind, so etwas wie einen Alltagsrythmus zu finden. Und wir sind gespannt auf das, was vor uns liegt.

Bald gehts los!

Bald gehts los!

Seit Wochen und Monaten bereiten wir uns vor. Für unsere Radtour zu dritt  durch Kanada und die USA. Ein halbes Jahr haben wir Zeit, um vom Jasper-Nationalpark in Kanada bis runter nach New Mexiko in den USA zu kommen. Zumindest ist das die verwegene Idee. Und wir, das sind  meine Frau Monika, ich und  unsere Tochter Hanna, die nun bald 6 Monate alt wird. Meine Frau und ich werden die Pedale unserer Reiseräder treten und Hanna wird im Babyhänger mitfahren. Verrückt? Ja. Unmöglich? Hoffentlich nein. Die nahe Zukunft wird es zeigen. Wie es uns auf unserem neuen Reiseabenteuer ergeht, könnt ihr hier im Blog nachlesen. Wir werden uns bemühen, an dieser Stelle immer mal wieder etwas zu posten.